Die 2015 in Rostock gegründete gemeinnützige Gesellschaft GTM-V wird von erfahrenen Medizinern aus dem Bereich der Organ- und Gewebespende geleitet. Die GTM-V ist als eine der wenigen Einrichtungen in Deutschland im gesamten Spektrum der postmortalen Spende tätig, also der Entnahme von Augenhornhäuten, Knochen, Sehnen, Haut, Herzklappen und Blutgefäßen nach dem Tod. Nach Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Sachsen ist Sachsen-Anhalt jetzt das vierte Bundesland, in dem das Rostocker Unternehmen tätig ist.
„Die Versorgung von Patientinnen und Patienten mit hochwertigen Gewebetransplantaten ist auch 16 Jahre nach Inkrafttreten des Transplantationsgesetzes äußerst unbefriedigend“, muss Dr. Frank-Peter Nitschke als Geschäftsführender Arzt der GTM-V einschätzen. Das Warten beispielsweise auf den Ersatz einer Augenhornhaut oder Herzklappe dauert mehr als drei Monate. „Daher müssen noch immer Gewebetransplantate aus dem Ausland importiert werden. Im Notfall kann das Fehlen von geeignetem Spendergewebe tödlich enden oder zu einer dauerhaften Verschlechterung der Lebensqualität führen“, erklärt der Rostocker Mediziner.
Mit ihrer Kooperation möchten beide Partner diese Situation nachhaltig verbessern. Wie geschieht das ganz konkret? Verstirbt im Harzklinikum eine Patientin, ein Patient, werden darüber die Angehörigen informiert. Parallel dazu werden den Rostocker Gewebespezialisten als anonymisierte Daten das Geschlecht, Alter und der Todestag übermittelt – genau so, wie es im Transplantationsgesetz vorgesehen ist. Gibt es für eine mögliche Gewebeentnahme keine ablehnenden Gründe, führen qualifizierte Mitarbeiter der GTM-V das Gespräch mit den Angehörigen. Darin klären sie über die Sinnhaftigkeit einer Gewebeentnahme auf, informieren über das Vorgehen und beantworten alle in diesem Zusammenhang aufkommende Fragen, beispielsweise zum Umgang mit menschlichen Gewebespenden, die Absprache mit dem Bestattungsunternehmen. „Dabei gilt selbstverständlich das Prinzip der Freiwilligkeit, niemand wird bedrängt oder gar überredet“, sagt Dr. Matthias Voth. Ebenso selbstverständlich ist, dass die Verstorbenen nach der Gewebeentnahme wieder so hergerichtet werden, dass für die Angehörigen ein würdevoller Abschied gewährleistet ist. In diesem Zusammenhang ist dem Ärztlichen Direktor wichtig zu betonen, dass solche Spenden nach dem Tod frei von wirtschaftlichen Interessen sein müssen. Die gemeinnützige Gesellschaft für Transplantationsmedizin ist hierfür der richtige Partner.
Die Akzeptanz für Gewebespenden ist laut Gesellschaft für Transplantationsmedizin grundsätzlich hoch, wenn man sich zu Lebzeiten mit dem Thema auseinandergesetzt hat. Hierbei steht dann das Argument „noch etwas Gutes tun – anderen Menschen helfen“ im Vordergrund. Leider wird das Thema immer noch zu oft mit dem Argument verdrängt „Ich bin zu alt und zu krank“, so Dr. Frank-Peter Nitschke. Als größte Gewebeentnahmeeinrichtung in Mecklenburg-Vorpommern hat die GTM-V im Vorjahr fast 5700 Spendermeldungen aus 20 Krankenhäusern in Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Sachsen entgegengenommen. Nach medizinischen und anderen erforderlichen Überprüfungen haben die Mitarbeiter der GTM-V bei knapp 3000 möglichen Spendern Gespräche mit den Angehörigen geführt. In 40 Prozent dieser Gespräche hat es von den Familienmitgliedern die Zustimmung zur Gewebeentnahme gegeben. Von circa 1000 Spenderinnen und Spenden sind dabei mehr als 5900 Gewebepräparate entnommen worden. Der jüngste Spender war 31 Jahre, der älteste 91; das Durchschnittsalter der Spender betrug 75 Jahre, so die GTM-V. Durchschnittlich wurden pro Spende sechs Gewebe entnommen. Der größte Teil dieser Entnahmen betrifft rund 2000 Augenhornhäute sowie Präparate wie Knochen, Sehnen, Haut und Faszien. Somit konnten die Rostocker Gewebeexperten in den vergangenen acht Jahren gemeinsam mit ihren Kooperationspartnern dazu beitragen, dass mehr als 8000 Patientinnen und Patienten in Deutschland das Sehvermögen wiederhergestellt wurde.
Dr. Frank-Peter Nitschke: „Auf eine Gewebespende plötzlich angewiesen zu sein, kann jeden von uns jeden Tag treffen. Daher ist es unser Ziel, den Bedarf an Gewebespenden zu decken, so dass jede Patientin, jeder Patient auch sofort die Hilfe bekommt, die er benötigt.“ Die Kooperation der GTM-V mit dem Harzklinikum, dem ersten Krankenhaus in Sachsen-Anhalt, ist daher ein wichtiger Schritt auf dem Weg dorthin.
Hintergrund Gewebemedizin
Die Gewebemedizin bleibt ein sich rasant entwickelnder Bereich der Transplantationsmedizin. In Deutschland liegt die Zahl der transplantierten Gewebe jährlich bei mehr als 55 000 (3. Bericht der Bundesregierung 2018*). Neben der Transplantation von Knochenmaterial gehört der Austausch von Augenhornhäuten mit mehr als 8000 Transplantationen pro Jahr zu den häufigsten Operationen in Deutschland. Obwohl sich die Versorgungslage verbessert hat, warten circa 10 000 Patientinnen und Patienten in Deutschland auf ein Gewebetransplantat. *3. Bericht der Bundesregierung über die Situation der Versorgung der Bevölkerung mit Gewebe und Gewebezubereitungen https://dipbt.bundestag.de/doc/btd/19/056/1905675.pdf
Hintergrund GTM-V
Seit acht Jahren realisiert die Gesellschaft für Transplantationsmedizin MV (GTM-V gGmbH) in Zusammenarbeit mit der gemeinnützigen Gewebebank MV (GBM-V) im Biomedizinischen Forschungszentrum (BMFZ) in Rostock eine bundesweite Grundversorgung mit Gewebetransplantaten. Die GTM-V nimmt die Entnahmen von Geweben nach standardisierten Entnahmetechniken mit eigenem qualifizierten Personal selbstständig vor. Die GTM-V mit 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern arbeitet gemeinnützig. Gemäß Satzung wird die Arbeit der GTM-V von einem Fachbeirat kritisch begleitet und kontrolliert.
Weitere Informationen unter www.gtm-v.de
GTM-V - Gesellschaft für Transplantationsmedizin MV gGmbH
Geschäftsführer: Dr. med. Frank-Peter Nitschke
Wilhelm-Külz-Platz 3 | 18055 Rostock
Telefon (03 81) 444 30 50 | Email frank-peter.nitschke(at)gtm-v.de
Harzklinikum Dorothea Christiane Erxleben
Ärztlicher Direktor: Dr. med. Matthias Voth
Ditfurter Weg 24 | 06484 Quedlinburg
Telefon (0 39 46) 909 18 01 | Email aerztliche.direktion(at)harzklinikum.com
Bildunterschrift Bild 1:
Dr. Frank-Peter Nitschke, Geschäftsführender Arzt der Gesellschaft für Transplantationsmedizin MV aus Rostock/links, mit dem Transplantationsbeauftragten des Harzklinikums Dorothea Christiane Erxleben, Frank Weber, Leitender Oberarzt der Quedlinburger Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin, im Institut für Pathologie am Harzklinikum.
Bildunterschrift Bild 2:
Dr. Frank-Peter Nitschke, Geschäftsführender Arzt der Gesellschaft für Transplantationsmedizin MV aus Rostock/links, mit dem Transplantationsbeauftragten des Harzklinikums Dorothea Christiane Erxleben, Frank Weber, Leitender Oberarzt der Quedlinburger Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin, im Institut für Pathologie am Harzklinikum.